Liebe Leserinnen und Leser,
ich hatte heute schon zu viel über mich geschrieben, was ich normalerweise nicht mache… denn es geht mir um die Menschen, um die Sache und nicht um mich und wie ich damit umgehe… aber es war einfach notwendig, weil ich leider gestern dem Druck nachgegeben habe und mich zensieren ließ… was mir auch (fast) nie passiert ist… warum ich mich darauf eingelassen habe… ich denke wegen einer sogenannten ideologischen Nähe zur Person… und dann wieder nicht wegen einer ethischen Entfernung und vor allem aufgrund einer verschiedenen Auffassung von Toleranzschwelle oder Toleranzweite….
Aber die Tatsache, dass ich mich nicht zensieren lassen will, hat mit meiner Lebensgeschichte zu tun.
Hier lesen Sie Einiges darüber:
http://www.promosaik.blogspot.de/2015/04/promosaik-fur-bunte-unzensierte.html
Spreche auch lieber von Toleranzweite als von Toleranzschwelle, da ich UP-DOWN-Kommunikation nicht mag… und außerdem identifiziere ich mich eher mit dem islamischen Weltbild, das horizontal denkt und nicht vertikal…
Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie mir.
Ich bin da, um Ihnen allen zu antworten.
Und wer das Interview kommentieren möchte wie z.B. Frau Evelyn Hecht-Galinski (Back to Life 3 folgt…) … der soll es tun… Denn jeder Kommentar zu jedem Interview von ProMosaik e.V. ist eine Bereicherung.
Wir werden in Zukunft auch mehr die Kommentare zu den Interviews veröffentlichen und nicht mehr für uns behalten.
Ich hoffe, es werden sich auch zum Thema einige Leser bei uns melden.
Aber das folgende Interview als antisemitisch oder so zu bezeichnen, finde ich übertrieben… Stempel wie Selbsthassender Jude, usw…. sind irgendwann auch überholt, oder? … auch wenn es sich wirklich um einen Juden handelt, der sich als EX-JUDE bezeichnet…. eine Art Shlomo Sand?
Gilad definiert sich selbst als NICHT-MEHR-JUDE..
Ich sehe ihn eher als einen Philosophen und Musiker, der nach einer Identität sucht, die er jenseits des ZIONISMUS schon gefunden und jenseits des ANTI-ANTIZIONISMUS noch finden muss…. ist aber meine ganz persönliche Meinung dazu, weil Atzmon immer wieder den Weg und nicht das Ziel als wichtig ansieht, genauso wie J.W.v. Goethe und F. Nietzsche.
Wir wissen es nicht… wir können es aber entdecken, wenn wir ihn lesen.. ihm widersprechen, ihm zustimmen, ihn ansprechen…. in intellektueller Offenheit und in ethischer Freiheit.
Das ist das MOSAIK und daher heißen wir PRO-MOSAIK-
danke Ihnen alle für Ihren Respekt für unsere bescheidene und doch so wichtige Arbeit.
Liebste Grüße an Sie alle!!
Dr. phil. Milena Rampoldi von ProMosaik e.V.
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Das hier ist das BACK TO LIFE des Interviews vom 19.03.2015 mit Gilad Atzmon (deutsche Übersetzung):
Liebe Leserinnen und Leser,
es freut mich sehr, Ihnen auch die deutsche Version unseres Interviews vom 19.03.2015 mit dem jüdischen Jazzmusiker und Philosophen Gilad Atzmon vorstellen zu dürfen. Das Ziel, das wir damit verfolgen, ist es, die Diskussion zum Thema des Antizionismus abzurunden, indem wir einen Juden vorstellen, der auch den Antizionismus kritisiert. Jenseits der Provokation sollten wir in uns gehen und darüber nachdenken. Freue mich auf Ihre Kommentare
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi – ProMosaik e.V.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Gilad, wann hast du verstanden, dass du nicht nur Musiker bist, sondern dass in dir auch eine politische Seele steckt?
Gilad Atzmon: Ich denke, es wäre ein wenig irreführend, mich als politisch zu bezeichnen. Ich gehörte noch nie zu einer politischen Partei. Grundsätzlich verschmähe ich Politiker grundsätzlich und glaube auch nicht großartig an den Wert des politischen Geredes. Ich denke, dass ich als Philosoph einfach Interesse am Zustand des Menschen habe. Ich kümmere mich um all das, was Sinn, Schönheit, Glück, Sehnsucht, Wissen, Glauben, usw. betrifft. Im Unterschied zu den banalen Aktivisten, die uns mit falschen Antworten ersticken, ist meine Rolle ganz einfach: ich verfeinere die Fragen.
Dieses intellektuelle Abenteuer passt auch voll und ganz zu meiner Karriere als Jazzmusiker. Denn als Jazzkünstler bin ich Tag für Tag bestrebt, mich neu zu gestalten. Darin besteht das Wesen des wahren Suchers. Denn wir unterwerfen uns mehr dem Weg als dem Ziel.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Erinnerst du dich an den Tag, an dem du deine Meinung über Israel und den Zionismus geändert hast?
Gilad Atzmon: Was bedeutet schon ein Tag? Was ist schon eine Phase? Oder eine Erkenntnis, die über einen Zeitraum in mir dämmerte? Ich weiß es nicht. Ich denke, dass die Entdeckung der Jazzmusik und dann die Sehnsucht, ein schwarzer Mann zu werden, mich dabei unterstützt haben.
Meine Ansichten über den Zionismus sind aber keineswegs beständig und vollständig. Vor fünfzehn Jahren dachte ich grundsätzlich, der Zionismus wäre der Kern des Bösen der Modernität. Aber je mehr ich dazulernte, desto mehr verstand ich, dass der Zionismus nur ein Symptom der jüdischen Identitätspolitik ist. Ich habe eine Zeitlang gebraucht, um zu akzeptieren, dass die sogenannten „guten Juden“, oder „Antizionisten“ sogar noch mehr Verfechter der Vorherrschaft einer ethnischen Gruppe waren als die Ultra-Zionisten. Im „Zionistischen“ Israel zum Beispiel ist die dritte Knesset-Partei die arabische Partei. Aber ich sehe in der JVP oder JFJFP immer noch keine Nicht-Juden, Araber beiseite. Nicht-Juden steht zwar das Recht zu, mitzumachen und zu bezahlen, aber sie dürfen nie an der Macht teilhaben.
Wie ich ihn sehe, war der frühe Zionismus ein einziger und kurzlebender Moment der Wahrhaftigkeit in der jüdischen Geschichte. Er war eine kurze Phase, in der die Betrachtung des eigenen Selbstmitleids in Ideologie umschlug. Die ersten Zionisten wie Borochov, Nordau und Herzl versprachen die Zivilisierung der Diaspora-Juden. Sie behaupteten, die Identität der Diaspora-Juden wäre schmarotzerisch, kapitalistisch und unproduktiv. In ihrer Naivität glaubten sie daran, die Rückkehr der Juden in die Heimat würde die Juden retten.
Wir wissen nun, dass sie Unrecht hatten. Denn Israel ist ein grausamer Ort, um zu leben, vor allem weil die antijüdische Neigung des frühen Zionismus mit jüdischer Selbstliebe ersetzt wurde. Israel, der Ort, den der Zionismus als den Ort versprach, um den Juden vom Juden-Sein zu läutern, wurde zur Heimat jegliches problematischen jüdischen Vorherrschaftssymptoms.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Gilad, wie würdest du dein Buch The Wandering Who unseren Leserinnen und Lesern vorstellen?
Gilad Atzmon: Wie der Untertitel so schön sagt, ist das Werk The Wandering Who eine Studie über die jüdische Identitätspolitik. Angesichts dessen, dass Israel sich als jüdischen Staat sieht, frage ich mich im Buch: Was bedeutet Jude-Sein? Wer sind die Juden? Was ist das Judentum? Welche Beziehung haben diese Begriffe zum Zionismus, zu Israel und zur jüdischen Macht? Ich biete einige Antworten an und aus meinen Studien geht hervor, dass alle Formen jüdischer Politik, ob nun zionistisch oder anti-zionistisch, ob nun Links oder Rechts, im Wesentlichen immer judeo-, ethnozentrisch und exklusivistisch sind.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie schwer ist es für dich als Jude mitten im Zionismus, Antizionismus, in der jüdischen Identität und den Lobbys zu leben?
Gilad Atzmon: Vorab möchte ich sagen, dass ich nicht ausreichend qualifiziert bin, um diese Frage zu beantworten, da ich seit einiger Zeit kein Jude mehr bin. Ich definiere das Jude-Sein als ein Schablone, die das Erwählt-Sein erleichtert. Alle jüdischen politischen Diskussionen – ob nun zionistisch oder antizionistisch – zelebrieren die Besonderheit des „Jude-Seins“. Der Zionismus fordert die Juden auf, nach 2000 Jahren in deren „Gelobtes Land“ zurückzukehren und es zu erobern. Es ist das Erwählt-Sein, das eine solche ungewöhnliche plündernde Haltung rechtfertigt. Aber gleichzeitig würden auch die Antizionisten behaupten, dass ihre Stimmen besonders privilegiert sind, denn letzten Endes sind sie Juden und sind deshalb etwas Besonderes, weil sie sich gegen die Zionisten auflehnen. In der Tat behaupten die Antizionisten von sich, „über den Auserwählten“ zu stehen. Es sieht so aus, als würden die Juden politisch als Juden handeln und auf diese Weise kollektiv in die Falle der Verfechter der Vorherrschaft fallen.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Was kann die Musik für die Menschenrechte tun? Wie kann die Musik zur Weltsprache des Friedens werden?
Gilad Atzmon: Kunst und Musik zelebrieren das Beste im Menschen: die Fähigkeit, die Macht der Schönheit zu erleben. Die Kunst und die Musik erinnern uns daran, worum es bei der Menschlichkeit und Menschheit geht. Ich bin der Meinung, dass, sobald unsere Herzen offen für die Schönheit sind, wird auch in der Lage sind, empathisch zu denken. Die Idee der Kunst, die von den politischen Institutionen rekrutiert wird, lehne ich absolut ab. Ich weiß, dass ich als politischer Künstler gesehen werde, aber ich bin keiner. Ich bin ein Künstler, der sich mit sozialen und humanistischen Angelegenheiten auseinandersetzt, und dies spiegelt sich wahrscheinlich in meiner Kunst wieder.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Was bedeutet ethisches Bewusstsein für dich?
Gilad Atzmon: Es bedeutet für mich die Fähigkeit, ein universales Urteil, das zwischen Gut und Böse unterscheidet, abzulegen. Es bedeutet auch zu akzeptieren, dass verschiedene Menschen auch verschiedene universale Urteile fällen können. Dies ist für mich das wahre Wesen der Diversität und der Ethik, die wesentlich für das ethische Bewusstsein sind. Und dies ist etwas, was ich in der Linken sehr vermisse.
Dr. phil. Milena Rampoldi: Wie können wir den Juden klarmachen, dass Netanyahu sie eigentlich gar nicht vertritt?
Gilad Atzmon: Ich glaube wohl eher, dass er sie vertritt. Eine Umfrage in Großbritannien hat offensichtlich aufgezeigt, dass die britischen Juden Netanyahu massiv unterstützen. Die heutige Wahl in Israel beweist, dass Netanyahu nicht nur die Israelis vertritt, sondern sogar eine Darstellung des Wesens Israels ist.
Eine Sache ist jedenfalls klar: kein einziger israelischer Politiker bietet eine Alternative in Richtung Frieden und Versöhnung an. Israel ist eine dem Untergang geweihte, realitätsferne Gesellschaft, und je verlorener ihr Schicksal, desto lahmer wird die Gesellschaft.
http://promosaik.blogspot.com.tr/2015/04/back-to-life-2-die-deutsche-ubersetzung.html