Harald Haarmann – Bilanz und Ausblicke zu seinem Lebenswerk

von Milena Rampoldi, ProMosaik. Anbei ein längeres Interview, das ich gerne als Bilanz einer jahrzehntelangen, engagierten Arbeit und eines Schaffens bezeichnen möchte, das für die historische Forschung von großer Bedeutung ist. Es geht um das Werk des deutschen Sprachwissenschaftlers und Historikers Harald Haarmann, der sich auf Alteuropa spezialisiert hat. Alteuropa hat nach wie vor eine wichtige Bedeutung als Konzept für eine Umwälzung der heutigen Welt ganz im Sinne der Achtung der Mosaikkulturen, des Zusammenlebens, Dialogs und Friedens. Geschichte, Geschlecht und Sprache hängen eng miteinander zusammen. Migration hat schon immer den Fluss der Geschichte bestimmt… Das sind Themen, die wir neu entdecken sollten.

 

 

Dieses Buch ist wie eine Bilanz Ihrer Jahrzehnte langen Arbeit im Dienst der sprachwissenschaftlichen, soziologischen und historischen Forschung zum faszinierenden Thema von Alteuropa. Wie fing das Ganze an?

Seit jeher hat mich die Vielfalt der Sprachen der Welt fasziniert, und seit meiner Schulzeit habe ich mich bemüht, möglichst viele Sprachen zu lernen. Ich habe mich schon damals mit viel mehr Sprachen beschäftigt als an der Schule angeboten wurden. Zum Kanon der Schulausbildung gehörten Englisch, Lateinisch und Französisch. In Abendkursen an der Volkshochschule habe ich zusätzlich Italienisch, Spanisch und Portugiesisch gelernt. Während Ferienaufenthalten in Spanien (auf den Balearen) kam Katalanisch dazu. Und meine Erlebnisse in Wales brachten mir das Kymrische nahe.

Es gab auch noch andere Sprachen, die mich interessierten. Mein Religionslehrer kam vor der regulären Unterrichtszeit in die Schule, und ich lernte bei ihm Hebräisch. Er freute sich über meine Fortschritte und schenkte mir ein Exemplar der Bibel in Hebräisch. Zu den Sprachen kam nun die frühe Erfahrung einer Betrachtung verschiedener Religionen im Vergleich und hat eine beständige Wachsamkeit im Hinblick auf spirituelle und religiöse Belange bewirkt. Religionsgeschichte wurde eine der wissenschaftlichen Disziplinen, in die ich mich einarbeitete. Als Früchte meiner Forschungsarbeit sind dazu später zwei Bücher entstanden, eine komparativistische Analyse des antiken Göttinnenkults und eine unkonventionelle Geschichte des Monotheismus: “Die Madonna und ihre griechischen Töchter – Rekonstruktion einer kulturhistorischen Genealogie” (1996) und “Religion und Autorität – Der Weg des Gottes ohne Konkurrenz” (1998).

Zusätzlich zu den Sprachen im Schulprogramm lernte ich auch ein bisschen Etruskisch. Der Inhaber der Buchhandlung gegenüber meiner Schule (das Anfang des 15. Jahrhunderts gegründete Gymnasium Martino-Katharineum in Braunschweig) wunderte sich bald nicht mehr, dass ich als Schüler wissenschaftliche Literatur und Handbücher bestellte und sie auch – so gut es mir möglich war -, durcharbeitete. Übrigens, mein erster Artikel in unserer Schülerzeitung – ich schrieb ihn mit 15 Jahren – hatte zum Thema den etruskischen Einfluss auf das Lateinische und die Aufbauleistung der Etrusker für die frühe Geschichte Roms. Es sollte Jahrzehnte dauern, bis ich diese Thematik wissenschaftlich aufgearbeitet hatte, und im Jahre 2019 ist dazu mein Buch “Die Anfänge Roms – Geschichte einer Mosaikkultur” erschienen.

Noch während der Schulausbildung habe ich nebenher Abschlussprüfungen als Dolmetscher für Englisch und Spanisch gemacht. Und als ich anfing zu studieren, waren mein Italienisch und Katalanisch so fließend, dass Italiener oder Katalanen, mit denen ich mich unterhielt, meinen Pass sehen wollten, weil sie einfach nicht glauben konnten, dass ich Deutscher sei. Es lag auf der Hand, dass ich Sprachwissenschaft studieren wollte, und das machte ich auch.

In den 1960er Jahren gab es noch das, was man Humboldtianische Freiheit nennt, also die Freizügigkeit für Studenten, jedes beliebige Fach und viele Fächer parallel zu studieren. Die Möglichkeiten, die sich dabei auftaten, habe ich voll und ganz genutzt. Ich habe von morgens bis abends Kurse besucht, bin früh aufgestanden, in die Uni gegangen, und habe bis spät abends Seminare absolviert und bin dann meistens total erschöpft nach Hause gewankt. Meine Gier nach Wissen war riesig.

Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass das Studium von Sprachen allein nur ein Bruchteil dessen ist, was Sprecher mit ihren Sprachen machen, und wie Informationen vermittelt werden. Er erschien mir wichtig, sich mit Kulturgeschichte auszukennen, um die Bedeutung von Sprache in ihrer Einbettung in die Geschichte zu verstehen. So studierte ich auch Vorgeschichte und Geschichte der römischen und griechischen Antike, Islamwissenschaft, Ägyptologie und Archäologie des Mittleren Orients. Dazu kam vergleichende Religionswissenschaft. Meine erste Seminararbeit im Fach Vorgeschichte hatte einen Vergleich der Felsbilder in Skandinavien mit denen in den Alpen (Val Camonica) zum Thema. Es freute mich, als ich hörte, dass diese Arbeit einen Absolventen zu einer Dissertation inspiriert hat.

Wie ich irgendwann zum Brennpunkt Alteuropa gekommen bin, das kann man Zufall oder Fügung nennen. Nach einem langjährigen Aufenthalt in Japan kehrte ich zurück nach Europa. Der Inhaber vom Campus Verlag fragte damals bei mir an, ob ich nicht ein Handbuch der Schriftgeschichte schreiben könnte, denn meine Erfahrungen mit den Schriften in Ostasien hatten ja mein Vergleichsspektrum erheblich erweitert. Ich sagte zu und machte mich an die Arbeit. Eine Materialsammlung hatte ich bereits angelegt für ein solches Projekt, die praktische Ausführung wurde dann durch die Anfrage eingeleitet. In jener Zeit unternahm ich eine Reise nach Malta. Die dortigen Monumentaltempel, von denen ich vorher nur Fotografien gesehen hatte, wirkten in ihrer natürlichen Umgebung faszinierend, und ich suchte nach Sekundärliteratur über Maltas Vorgeschichte. Dabei traf ich auf die Werke von Marija Gimbutas.

Ich konnte spüren, dass mich die Ausführungen dieser eminenten Forscherin über die Tempelkultur von Malta und die Zivilisation Alteuropas auf lange Zeit beschäftigen würden. Das hat sich in der Tat bewahrheitet, denn seit mehr als dreißig Jahren habe ich über Alteuropa und seine zivilisatorischen Errungenschaften geforscht und publiziert.

Das erste brennende Thema war der reiche Schatz an Zeichen und Symbolen, die von den Alteuropäern gebraucht wurden. Es kam in Form der Dissertation eines der Schüler von Gimbutas, Shan Winn, über die mit Zeichen versehenen Objekte der Vinca-Kultur. Winn beschäftigte sich darin mit der Äußerung von Gimbutas, dass die Zeichen wohl ein Schriftsystem wären.

Ich war geradezu aufgeschreckt von dieser Einschätzung, denn für das Handbuch über Schriftgeschichte, an dem ich ja gerade arbeitete, hatte ich vorgesehen, mich dem Kanon der traditionellen Zivilisationsforschung zu verpflichten und Mesopotamien als “Wiege der Zivilisation” (ex oriente lux “Licht aus dem Osten”) und damit auch der Schrift zu feiern. Aber es sollte anders kommen. Zunächst war ich aufgebracht und dachte, dass da jemand zu wenig von Schrift versteht. Doch in mir rumorte es, und ich verbrachte einige unruhige Nächte. Irgendwann ging eine Warnlampe in meinem Gehirn auf, und eine innere Stimme sagte: “Wenn Du die wissenschaftliche Forschung ernst nimmst, kannst Du nicht etwas ablehnen, was Du nicht kennst”. Und das war die Initialzündung.

In der Universitätsbibliothek von Helsinki lieh ich die 1976 erschienene Dissertation von Shan Winn aus und vertiefte mich darin. Genauer gesagt: ich arbeitete das Buch von vorn bis hinten sorgfältig durch. Mit schlechtem Gewissen brachte ich es in die Bibliothek zurück, denn das Buch mit seinem kartonierten Umschlag und der Klebebindung sah doch etwas desolat und recht abgenutzt aus. Der Bibliothekar zeigte sich jedoch keineswegs erbost sondern meinte, noch keines der Bücher in seiner Obhut sei offensichtlich so gründlich durchgearbeitet worden.

Was ich gelernt hatte, war wie eine Erleuchtung: alle von Schriftforschern formulierten Definitionen alter Zeichensysteme als Schrift treffen auch auf die systematische Verwendung von Zeichen in den Regionalkulturen Alteuropas zu. Es war also Schrift. Das bedeutete für mich eine radikale Umorientierung meines Konzepts für das Schrifthandbuch, und in der Neukonzeption stand nun die alteuropäische Schrift als älteste Originalschrift der Welt am Anfang. Die Schriftgeschichte der Welt begann in Alteuropa um 5300 v.u.Z., also rund zwei Jahrtausende früher als in Mesopotamien. Damit war das Klischee von Mesopotamien als Wiege der Zivilisation veraltet.

Meine “Universalgeschichte der Schrift” erschien 1990 und brachte unter anderem einen längeren Rezensionsartikel im Magazin DER SPIEGEL. Dieses Werk ist als “Klassiker” bezeichnet worden und in mehreren Auflagen und etlichen Nachdrucken erschienen. Es gibt eine spanische Übersetzung, und eine gekürzte Ausgabe ist ins Chinesische übersetzt worden. Die Erfahrungen, die in diesem Buch stecken, habe ich in einer englischen Publikation weiter verarbeitet, die 2011 erschien (“Writing as technology and cultural ecology”).

Die Analysen zur Schriftgeschichte waren mein Einstieg in die Welt Alteuropas, und meine Forschungen darüber haben sich in den Jahrzehnten mehr und mehr vertieft und verzweigt. Anfang dieses Jahrhunderts habe ich die Bezeichnung ‘Donauzivilisation’ als Alternative für den Begriff ‘Alteuropa’ vorgeschlagen, denn im deutschen Sprachgebrauch kann sich Alteuropa auf praktisch alle Zustände der europäischen Geschichte vor Beginn der Neuzeit beziehen.

Viele meiner Bücher und Artikel in wissenschaftlichen Zeitschriften sind der Erforschung von Sprache und Geschichte Alteuropas (bzw. der Donauzivilisation) gewidmet. In Vertiefung und Ausweitung der Erkenntnisse von Marija Gimbutas habe ich mich mit der Problematik der Kontinuität des alteuropäischen Kulturerbes in den Kulturen Südosteuropas, insbesondere in der griechischen Zivilisation, auseinandergesetzt. Dabei kam mir zugute, dass ich mich schon im Studium mit den Sprachen im Süden Europas beschäftigt hatte und so über die Sprachkenntnisse auch Zugang zur Sekundärliteratur der dortigen Archäologen und ihre Ausgrabungen in den Balkanländern und in Griechenland hatte.

Natürlich fand ein Großteil meiner Forschungsaktivitäten am Schreibtisch statt. Ich konnte aber auch wertvolle Erfahrungen vor Ort sammeln in allen Staaten Südosteuropas, also auch in den kleinen Ländern wie Kosovo, Montenegro und Moldova. Entscheidende Eindrücke nahm ich von Museumsbesuchen und  Aufenthalten an Dutzenden von archäologischen Grabungsstätten mit. Dazu kam der intensive Gedankenaustausch mit Fachvertretern der verschiedensten Disziplinen. Als Vizepräsident des Institute of Archaeomythology (mit Hauptsitz in Sebastopol, California, USA) und Direktor von dessen European Branch in Finnland war ich mitverantwortlich für die Organisation von Konferenzen zu Themen Alteuropas: in Novi Sad (Serbien) im Jahre 2004, in Sofia (Bulgarien) 2005, in Sibiu (Rumänien) 2008 und in Cluj (Rumänien) 2009.

Ein Fazit meiner Forschungen über Alteuropa ist im vergangenen Jahr in den USA veröffentlicht worden. In meinem Buch “Advancement in ancient civilizations – Life, culture, science and thought” (2020) vermittele ich einen vergleichenden Überblick über das breite Panorama der frühen Zivilisationen, mit Alteuropa als der ersten Hochkultur der Welt.

 

Wie sehr sind Sprache und Geschichte miteinander verbunden?

Alles ist eingebunden in den Fluss der Zeit, und Alles ist im Wandel begriffen. Dies gilt für die Natur, für uns Menschen, für unsere Kulturen und Gesellschaften. Sprache ist das wichtigste Medium, mit dem wir soziale Beziehungen für die Gruppenbildung aufbauen, und kooperatives Handeln in Gruppen ist die Voraussetzung für den Aufbau von Kultur. Jede Sprache spiegelt die Infrastruktur einer regionalen Kultur, denn über die Kooperation in verschiedenen Bereichen werden die Menschen herausgefordert, ihr sprachliches Medium den Erfordernissen anzupassen. Auf diese Weise entstehen Spezialterminologien für die diversen Sparten des Handwerks, für das Transportwesen, für Handelsbeziehungen, Hochzeitsbräuche, für rituelles Handeln in religiösen Zeremonien, usw.

Mit zunehmender Spezialisierung in technologischen Bereichen spezialisiert sich entsprechend auch der Sprachgebrauch. Vor fünfzig Jahren gab es noch keine Spezialterminologie der Digitaltechnik, einfach, weil diese noch in den Kinderschuhen steckte. Heutzutage ist der Sprachgebrauch von ATK-Technikern für Normalverbraucher kaum noch, wenn überhaupt verständlich, denn je mehr sich eine Spezialterminologie verdichtet, desto mehr distanziert sich der Sprachgebrauch von der Alltagssprache. Ähnliche Fluktuationen sind in vielen anderen Bereichen festzustellen. Vor 200 Jahren war die Mode recht verschieden von heutigen Standards, und es gab vielerlei Accessoires, die heutzutage unbekannt sind. Insofern kommt uns die Modesprache des frühen 19. Jahrhunderts fremdartig vor.

Die Sprache Martin Luthers, bekannt aus den Originaltexten der deutschen Bibelübersetzung des 16. Jahrhunderts, wirkt seltsam und ist in vielen Kontexten nur schwer verständlich. Die Sprache der deutschen Dichtung aus dem Mittelalter bleibt uns heute so gut wie verschlossen, denn das dafür verwendete Deutsch klingt so ganz anders als woran wir modernen Sprachbenutzer gewöhnt sind. Und wenn sich der Zeithorizont noch weiter ausdehnt, dann sind wir auf wissenschaftliche Analysen angewiesen, um verständlich zu machen, wie die modernen Sprachzustände aus früheren Entwicklungsstadien entstanden sind. Ohne sprachhistorische Untersuchungen zur Lautentwicklung kann man sich die Entstehung des Französischen aus dem Sprechlatein der Spätantike nicht vorstellen.

Sprache ist nicht nur das wichtigste Medium, wenn es um den Aufbau von Kultur geht, Sprache funktioniert auch wie ein Seismograph, der Fluktuationen in der Sprachgeschichte registriert. Die Rolle von Sprache ist die eines Indikators unterschiedlicher Entwicklungsepochen von Kultur. Und bei sorgfältiger Analyse stellt sich heraus, dass in einer Sprache terminologische Nischenplätze besetzt sein können, in denen sich Ausdrücke aus sehr alter Zeit erhalten haben. Von deutschen Kulturwörtern wie Anker, Aroma, Hymne, Kamin, Kastanie, Keramik, Metall, Olive, Psyche oder Theater wird uns erzählt, sie seien Lehnwörter aus dem Griechischen, und als solche gehören sie zum breiten Spektrum griechischer Kultureinflüsse in unserer westlichen Zivilisation. Die Erklärung aus dem Griechischen ist aber nur der halbe Weg in die Sprachgeschichte, denn die Griechen der Antike haben diese Ausdrücke selbst als Lehnwörter adaptiert, u.zw. aus der Sprache derer, die die Zivilisation Alteuropas aufgebaut hatten. In diesen Ausdrücken spiegeln sich also sehr alte Sprach- und Kulturkontakte, die über viele Jahrtausende weit in die vor-griechische Geschichte zurückgehen.

 

Migration ist heute ein Thema, als hätte es Migrationen nie gegeben, dabei ist die Geschichte des Menschen die Geschichte seiner geographischen Bewegungen. Wie sehen Sie das? Warum wird Migration heute so viel „politisiert“?

Die REALITÄT von Migrationen in prähistorischen und historischen Zeiten ist heutzutage unbestreitbar. Allerdings tun sich Wissenschaftler bis heute schwer, die THEMATIK von Migrationen methodisch in den Griff zu bekommen. Die Anforderungen an die Forschung über Migrationsphänomene sind wesentlich höher als wenn es um Analysen zu einem Thema mit fest begrenzten Umrissen geht (z.B. Bauphasen der Akropolis in Athen). An der interdisziplinären Erforschung von Migrationsbewegungen sind Humangenetiker, Geologen, Klimaforscher, Archäologen, Kulturwissenschaftler, Soziologen, Sprachwissenschaftler, Historiker und Vertreter anderer Disziplinen beteiligt, um komplexe Wandlungen der Bevölkerungsstruktur – wie dies Migrationen nun einmal sind – möglichst zutreffend zu rekonstruieren.

Weil die Erforschung von Migrationsbewegungen in frühen Epochen der Weltgeschichte außerordentliche Ansprüche an den Forschergeist stellt, lassen viele “die Finger davon”, um sich nicht in zeitraubenden Untersuchungen zu verlieren. Es kommt hinzu, dass das Phänomen ‘Migration’ anfällig ist gegenüber Politisierung und Ideologisierung. Die Problematik der Eingliederung von Flüchtlingen und Asylsuchenden von außerhalb Europas in die einzelstaatlichen Gesellschaften Europas wirft automatisch Fragen der Aufnahmekapazität auf. Die Integration von Immigranten ist ein brisantes Thema für Parlamentswahlen. Die Politisierung von Migrationen ist ebenfalls geprägt vom Phänomen des Kulturschocks, also von der Konfrontation fremder Kulturen (der Immigranten) mit der vertrauten heimischen Kultur (der bodenständigen Mehrheitsbevölkerung im Aufnahmeland), und hier spiegeln sich ethnische Ressentiments und rassistische Allüren.

Es gibt auch das Phänomen einer ausgeprägten Politisierung innerhalb der Wissenschaftsbereiche. Ein gutes Schaustück in der modernen Wissenschaftsgeschichte ist die Erforschung der Ursprünge der Indoeuropäer. Jahrzehnte lang war die archäologische und kulturwissenschaftliche Forschung belastet durch die Konfrontation von “Renfrewisten” (Anhänger der von Colin Renfrew vertretenen Hypothese von der Herkunft der Indoeuropäer aus Anatolien) und Anhängern von Marija Gimbutas (mit ihrer Hypothese der Kurgan-Migrationen von Viehnomaden aus der eurasischen Steppe nach Südosteuropa und in westliche Richtung bis an die Atlantikküste).

Alteuropa stand lange Zeit im Kreuzfeuer von Vertretern beider wissenschaftlicher “Schulen”. Nach der Auffassung von Colin Renfrew kamen frühe Ackerbauer im 9. Jahrtausend v.u.Z. aus Anatolien nach Europa und führten dort eine sesshafte Lebensweise und den Pflanzenanbau ein. Demnach war die Zivilisation Alteuropas eine Leistung von indoeuropäischen Ackerbauern. Marija Gimbutas ging davon aus, dass die bodenständige Bevölkerung in Europa, deren Kulturtraditionen und Sprache nicht mit denen der Indoeuropäer verwandt waren, für die Entstehung und Entwicklung der alteuropäischen Zivilisation verantwortlich waren. Demnach sind indoeuropäische Viehnomaden erst später aus der Steppenregion nach Südosteuropa migriert, wo es zur Kollision der Kulturen und zu Fusionsprozessen kam.

Das Tauziehen von Renfrewisten und Gimbutas-Anhängern dauerte viele Jahre an, und die wissenschaftliche Diskussion war häufig vergiftet durch Verunglimpfungen, Verfälschungen und vielerlei Polemik. Die Erkenntnisse der modernen humangenetischen Forschung gaben schließlich den Ausschlag und  brachten eine Wende in den Einstellungen zur Migrations-Thematik. Wie ein Paukenschlag, der eine neue Ära einleitet, mutete die denkwürdige Festveranstaltung an, die im November 2017 im Oriental Institute in Chicago stattfand. Colin Renfrew hielt eine Festrede mit dem Titel “Marija Gimbutas rediviva”. Die anwesenden Gäste des wissenschaftlichen Auditoriums glaubten, ihren Ohren nicht zu trauen, als Renfrew öffentlich feststellte, dass er mit seiner Anatolien-Hypothese falsch gelegen hatte, und dass die humangenetischen Erkenntnisse dafür sprächen, dass Marija Gimbutas mit ihrem Konzept der Kurgan-Migrationen Recht behalten sollte.

Was folgte, kann man als einen “Erdrutsch” bezeichnen. Der methodische Forschungsansatz von Gimbutas erlebte die verdiente Nachblüte, und die Migrationsforschung bekam frisches Wasser auf ihre Mühlen. Die Politisierung wurde aufgehoben, das wissenschaftliche “Wetter klarte auf” und wurde von der früheren Polemik entlastet. Was meine eigenen Forschungen über Alteuropa und die indoeuropäische Migrationsbewegung betrifft, so erschienen weitere neue Übersetzungen meiner Bücher, und dieser Boom scheint anzuhalten. Zu den Sprachen, in denen Übersetzungen erschienen sind, gehören einige recht exotische Kommunikationsmedien wie Albanisch, Chinesisch oder Koreanisch (s. Einträge in meiner Gesamtbibliographie).

 

Wie die Künstlerin und Freundin LaBGC in der Einführung schreibt, war in der Gesellschaft Alteuropas bereits etwas verwirklicht, was wir Demokratie nennen, also eine Sozialordnung ohne Sozialhierarchie und mit einer Gleichstellung der Geschlechter. Wenn wir das heute hören, denken wir spontan, das klingt wie eine Utopie. Gab es das wirklich?

Eben weil uns eine problemlos funktionierende demokratische Sozialordnung wie Utopie vorkommt, ist es schwer vorstellbar, dass es so etwas vor langer Zeit schon einmal gegeben haben könnte. Und gerade weil die Erinnerung daran verblasst ist, ist es so wichtig und dringlich, dass wir die gesellschaftlichen Verhältnisse Alteuropas ins Rampenlicht der Kulturgeschichte rücken.

Heutzutage können die Beschreibungen des friedfertigen Gesellschaftslebens in Alteuropa von Marija Gimbutas nicht mehr als “feel-good nostalgia” abgetan werden. Nach jetzigen Erkenntnissen gab es damals keine Sozialhierarchie. Die Gesellschaftsordnung war egalitär, was eine effektive Kooperation zwischen den Vertretern beiderlei Geschlechts zum Nutzen des Gemeinwohls förderte. Anders ausgedrückt: in der Sozialordnung Alteuropas waren die Weichen für eine maximale Nutzung kreativer Kapazitäten aller Mitglieder der Gemeinschaft gestellt, und die Verwaltung in den Siedlungen lag in der Verantwortung von Dorfräten. Die zivilisatorische Hochleistung Alteuropas spricht ja auch für sich. Alteuropa bietet außerordentliche Errungenschaften, wie sie zur damaligen Zeit nirgendwo sonst in der Welt verwirklicht worden waren:

–        ein weitgespanntes Netz von Handelsrouten (hauptsächlich über die große Wasserstraße der Donau und ihre Nebenflüsse, außerdem in den Gewässern der Ägäis und des Schwarzen Meers),

–        früheste Verwendung von Pflug und Töpferscheibe,

–        die frühesten urbanen Agglomerationen (in der Spätphase),

–        komplexe Architektur (zweistöckige Häuser, Tempelbauten),

–        Metallschmelze (zuerst von Kupfer, dann auch von Gold),

–        entwickelte Handwerkssparten (Weberei, Töpferei, Schiffsbau, u.a.),

–        eine abstrakte Kunstästhetik, die in der Stilorientierung der modernen Kunst         (Constantin Brancusi, Henry Moore) ihre Renaissance erlebt hat.

Und um einen solchen hohen zivilisatorischen Entwicklungsstand zu erreichen, musste eben das gesamte kreative Kulturpotential in der Gesellschaft, also gleichermaßen von Männern und Frauen, mobilisiert werden. Die egalitäre Gesellschaft Alteuropas war keine Utopie, sondern sie war gelebte Wirklichkeit. Sicherlich hatten die Menschen damals auch Probleme im Miteinander, und es gab Konfliktsituationen. Doch offensichtlich verfügten die Alteuropäer bereits über ein effektives Krisenmanagement, so dass es nicht zur Eskalation gekommen ist, denn gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Siedlungen sind archäologisch nicht festzustellen.

Aber selbst wenn Skeptiker meinen, das friedfertige Miteinander in der alteuropäischen Gesellschaft sei eine utopische Rückblende unserer modernen Zeit, dann ist es trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – wichtig, dass wir uns mit der Welt Alteuropas beschäftigen. Allein schon das Wissen, dass es die friedfertigen Gesellschaften Alteuropas gegeben hat, macht Hoffnung, denn es zeigt, das konfliktbelastete Miteinander in unserer Zeit ist nicht alternativlos; es kann reformiert und auf neue Bahnen gelenkt werden. Wirkungsvolle gesellschaftliche Voraussetzungen lassen sich an Alteuropa ablesen.

Eine Utopie ist eine Idealvorstellung, die unerreichbar scheint. Das klingt ernüchternd, und man könnte geneigt sein zu sagen: “was nützen uns Ideale, wenn sie nicht zu erreichen sind?” Dahinter verbirgt sich eine Scheinlogik besonderer Art. Wenn wir Menschen ohne Ideale lebten, wäre unsere Welt ewig grau oder dunkel. Ideale sind wie Lichtpunkte, die Kontraste schaffen und mit deren Hilfe wir erkennen, was wichtig und richtig ist für unser Leben. Wenn Ideale hoch gesteckt sind, werden auch sehr hohe Ansprüche an unser Handeln gestellt, das angestrebte Ideal zu erreichen. Niemand kann im voraus wissen, ob ein hochgestecktes Ideal erreicht werden kann, oder ob es Utopie bleibt.

Viele werden von vornherein abwinken und sagen, dass so etwas nicht für sie gemacht ist. Doch wer eine Idealvorstellung ernst nimmt und sich der Vorteile bewusst ist, die das Streben nach hochgesteckten Ziele bietet, der wird nicht locker lassen, sondern unbeirrt auf das Ideal zusteuern, egal, welcher Aufwand dafür zu treiben ist. “I have a dream”, erklärte der Menschenrechtler Martin Luther King am 28. August 1963, und er bezahlte sein Streben nach dem Ideal einer Verwirklichung der Gleichstellung weißer und farbiger US-Bürger mit dem Leben. “I have a dream”, wiederholte Nelson Mandela in Südafrika, lange bevor die Vorherrschaft der Weißen ihr Ende nahm und die Apartheid abgeschafft wurde.

Das Streben nach hochgesteckten Idealen ist wie der Aufstieg auf einen sehr hohen Berg. Das Risiko, während des Aufstiegs erschöpft am Hang liegen zu bleiben, ist groß, und es kann auch passieren, dass selbst nach erfolgreicher Bergbesteigung der Rückweg versperrt bleibt, wenn ein unerwarteter Sturm diejenigen, die im Begriff sind abzusteigen, auf den Boden in Deckung zwingt, und wenn der Sturm abflaut, sind einige vielleicht so unterkühlt, dass sie nicht mehr aufstehen können, um weiter herunterzusteigen und das Basislager zu erreichen. Wir brauchen mutige Idealisten, die sich nicht scheuen, die Risiken eines Strebens nach den Idealen einer demokratischen Gesellschaftsordnung auf sich zu nehmen und sich dafür einsetzen, ihre Ideale zu erreichen. Wenn das niemand macht, haben Diktaturen leichtes Spiel sich durchzusetzen, und dann wird es richtig dunkel in unserer Welt.

Die Erforschung der Zivilisation Alteuropas ist so etwas wie eine Bergbesteigung, und der rauhe Wind der Widrigkeiten, der einem Forscher ins Gesicht weht, hat viele davon abgehalten, sich zu engagieren. Während der Ära von Colin Renfrew, der als Papst der britischen Archäologie gefeiert wurde, haben viele die Segel gestrichen und haben Alteuropa bei ihrer Forschungsarbeit nicht  angesteuert. Das ist heutzutage anders, denn nach Renfrews Eingeständnis, dass seine Forschungsrichtung die falsche Bahn war, ist der Weg wieder allen offen für wissenschaftliche Zielsetzungen in Richtung Alteuropa.

 

Politik sollte gelebt sein und auf Menschenwürde basieren. Wie entleert ist die Politik heute und was können wir von Alteuropa heute lernen?

Das politische Handeln wird heutzutage vielerorts dominiert von Parteiinteressen, und dabei stehen das Gemeinwohl und Menschenwürde nicht unbedingt im Vordergrund. Technokratentum überschattet das Engagement von Regierungen für die Interessen des Gemeinwohls, und die Bürger kommen sich vor, als ob sie wie Steine in einem Gesellschaftsspiel hin- und hergeschoben werden, ohne dass ihre Interessen und Bedürfnisse wahrgenommen werden. Bürgerinitiativen, deren Zahl durch den Unmut der “Spielsteine” im “Gesellschaftsspiel” der bürokratrisierten Demokratie beständig anwächst, werden mit einer ernüchternden Realität konfrontiert: die Erfolgsaussichten für ihre Initiativen sind gering, und sie gehen das Risiko ein, dass sie bei ihrem idealistischen Engagement ihre Energie verpulvern, ohne Aussicht, bei den richtigen Adressaten Gehör zu finden und Reformen in Gang setzen zu können.

Eine nachhaltige Beschäftigung mit der Gesellschaftsordnung Alteuropas bietet uns modernen Betrachtern die Chance, durch ein Zeitfenster in eine Welt zu schauen, wo das zwischenmenschliche Handeln durch direkten Kontakt (im wahrsten Sinn des Wortes “Sichtkontakt”) und persönliches Verantwortungsbewusstsein geprägt war. Die von der wissenschaftlichen Forschung rekonstruierte Sozialordnung in den alteuropäischen Gemeinschaften hält wertvolle Anregungen für uns als politisch handelnde Individuen und für eine Neugestaltung unseres heutigen verkrusteten Technokratentums bereit. LaBGC und ich haben das Fazit aus diesen nützlichen Lehren gezogen und für eine Neuorientierung unserer demokratischen Sinnbildung aufbereitet in unserer Studie “Miteinander Neu-Denken – Europa im Gestern | Alteuropa im Heute” (2019). Eine englische, um ein Nachwort des Philosophen Harald Seubert erweiterte Fassung ist vor kurzem unter dem Titel “Re-Thinking togetherness – Know. Act. Now” (2021) erschienen.

 

Was bedeutet für Sie der Begriff „gender equality“ heute, wenn Sie auf die Geschichte und auf Alteuropa zurückblicken?

Ohne eine Gleichstellung von Männern und Frauen werden wesentliche Ressourcen vergeudet. Erst, wenn gender equality als Orientierungsprinzip sozialer Ordnung erreicht ist, stehen die Chancen günstig für eine Gesellschaft, einen am Gemeinwohl orientierten höheren Entwicklungsstand zu erreichen und Lebensqualität zu bieten. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich die gesellschaftliche Relevanz der gender equality bringen, wenn man die Erfahrungswerte aus der kulturwissenschaftlichen Forschung berücksichtigt. In Alteuropa bedurfte es keiner Frauenemanzipation, denn die Qualifikationen der Frauen trugen genau wie die der Männer zur Entwicklung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens bei. Der hohe technologische und soziale Entwicklungsstand der Donauzivilisation war nur durch optimiertes kooperatives Handeln Aller, von Frauen und Männern, zum Nutzen des Gemeinwohls erreichbar.

Die gender equality in den alteuropäischen Gemeinschaften wurde verdrängt durch die patriarchalische Sozialordnung, die von indoeuropäischen Viehnomaden auf ihren Einwanderungen nach Südosteuropa transferiert wurde, und das patriarchalische Ordnungsprinzip verdrängte die Gleichstellung, die sich während der langen Blütezeit Alteuropas bewährt hatte. Immerhin wurden einige Verwaltungsprinzipien der alteuropäischen Sozialordnung beibehalten, die sich sozusagen als Nachklänge Alteuropas im Kulturerbe der griechischen Gesellschaft der Antike nachweisen lassen. Weithin unbekannt geblieben in der Philosophiegeschichte ist der Sachverhalt, dass Platon im 4. Jahrhundert v.u.Z. der erste europäische Denker ist, der gender equality einforderte.

Für diesen Philosophen stand fest, dass Frauen die gleiche intellektuelle Kapazität besitzen wie Männer. Platon gestand Frauen hohe Ämter im öffentlichen Leben zu, und er propagierte sogar, dass Frauen – nach dem Vorbild der Amazonen – in den Armeedienst aufgenommen werden sollten, um im Ernstfall die Familie und die Heimstätten zu verteidigen. Vorbild für Platons Denkmodell in Sachen Frauenemanzipation war seine Mutter Periktione, selbst Philosophin, die ihren Sohn mit der Philosophie vertraut machte. Diese wichtige Station in der Geschichte der gender equality habe ich in meinem Buch “Platons Musen – Philosophie im Licht weiblicher Intellektualität” (2020) aufgearbeitet.

In der konventionellen Geschichte der Frauenemanzipation spielt Platons fortschrittlicher Ansatz bisher keine Rolle, von den Verhältnissen Alteuropas ganz zu schweigen. Es ist an der Zeit, diesbezüglich eine neue ‘Aufklärung’ für die Forschung über gender equality einzuleiten.

 

Was schwebt Ihnen in Zukunft als Nächstes vor? Woran schreiben Sie?

Meine Forschungsaktivitäten, den zivilisatorischen Horizont Alteuropas auszuleuchten laufen synchron mit Bemühungen, das Klischee von der “Wiege der Zivilisation” (Mesopotamien) zu ersetzen durch Inhalte neuen Wissens. In konventionellen Handbüchern steht bis heute zu lesen, dass der Pflug, das Töpferrad (bzw. die Töpferscheibe), die Technologie von Rad und Wagen, Schriftverwendung und andere Errungenschaften in Mesopotamien erfunden wurden – zuerst von den Sumerern -, und dass diese fortschrittlichen Technologien im Rahmen der Ausstrahlung der Zivilisation Mesopotamien in andere Teile der Welt transferiert worden wären.

Inzwischen ist die wissenschaftliche Beweislage eindeutig: keine der genannten Innovationen nahm ihren Ausgang von Mesopotamien. Die erstmalige Verwendung des Pflugs, des Töpferrads und der Schrift lässt sich für die Regionalkulturen Alteuropas nachweisen. Die Technologie von Rad und Wagen findet ihren Ursprung in der Übergangszone von Ackerbaugebiet und Steppengürtel im Süden der Ukraine und in der Region des heutigen Moldova. Dies war ein Kontaktgebiet an der östlichen Peripherie Alteuropas, wo indoeuropäische Viehnomaden mit Ackerbauern der Trypillya-Regionalkultur interagierten. Dort haben Techniker aus beiden Kulturen um die Mitte des 4. Jahrtausends v.u.Z. in einem Kooperationsprojekt die ersten Fuhrwerke (Kastenwagen mit Vollscheibenrädern) gebaut. Von dort aus hat sich diese revolutionäre Technologie in andere Teile der Alten Welt verbreitet.

Ein Verlag hat mir den Vorschlag gemacht, ein Buch über die Erfindung des Rads und über die Bedeutung für die Entwicklung der frühen Zivilisationen zu schreiben. Das habe ich gemacht. Das Manuskript geht demnächst an den Verlag. Es ist vorgesehen, dass das Buch im kommenden Jahr erscheint. Revolutionär war die Einführung des Streitwagens als Militärmaschine, dessen Anfänge um 2000 v.u.Z. für das Gebiet im südlichen Ural nachzuweisen sind. Hier finden wir entscheidende Anbindungen an den Heldenkult, der aus der Tradition der Kriegerkaste indoeuropäischer Steppennomaden entstanden ist. Diesbezüglich sind die Forschungen von LaBGC und mir zu diesem Thema assoziiert, die vor kurzem in Buchform (“The hero cult – A spectacle of world history that changed civilization”, 2021) erschienen sind.

Das Modell des Streitwagens wurde zwar für militärische Zwecke entwickelt, es diente aber später auch als Prunkkarosse und Repräsentationsvehikel. Ein Streitwagen in dieser Funktion steht an einem exponierten Ort mitten in Deutschland. Das ist die Quadriga, der Vierspänner, auf dem Brandenburger Tor. In seiner wechselvollen Geschichte diente dieses Monument verschiedenen Zwecken. Heutzutage gilt das Brandenburger Tor als Symbol für die friedliche Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten im Jahre 1990 und für politischen Ausgleich in Europa. Die Quadriga mit der Göttin Victoria als Wagenlenkerin steht heute symbolisch für die Glorifizierung einer Friedensidee und knüpft damit an den Zeitgeist gegen Ende des 18. Jahrhunderts an, als das “Friedenstor” erbaut wurde.

Und last not least ist ein Plädoyer pro Alteuropa in Arbeit, in dem ich zusammen mit LaBGC in die Vergangenheit schaue und in dem wir das Leuchten dieser friedlichen Hochkultur in unsere Gegenwart und Zukunft verstärken.

 

Ausklang:

Ein Leser meiner Gesamtbibliographie hat festgestellt, dass dieses Kompendium sicher mein Lebenswerk dokumentiert, hat aber gleichzeitig angemerkt, dass dies wohl erst Teil I sei. Meine Hoffnung ist, dass ich mir meine wissenschaftliche Neugier noch lange bewahren kann und wenn ich “sprungjung” bleibe (entsprechend der Einschätzung von LaBGC), dann werde ich auch noch all die Themen bearbeiten können, die auf meiner Projektliste stehen.