Kinder als Opfer des Krieges
Liebe Leserinnen und Leser,
anbei möchte ich Ihnen einen wunderbaren Artikel von tagesschau.de über den Syrienkrieg präsentieren, um den es um das Thema Kinder im Krieg geht. Krieg hat meist wirtschaftliche mehr als ideologische Beweggründe. Krieg bedeutet eine Gewaltspirale, die jegliches Menschenrecht und somit auch die Rechte der Kinder mit Füßen tritt. Krieg bedeutet blinde Gewalt, Abwesenheit von Kommunikation, das Ausleben sadistischer Macht. Ich stehe, und vor mir liegt ein Toter… ein Opfer… als Pazifisten möchten wir erneut unser NEIN gegen den Krieg gegen die Kinder aussprechen.
Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften zu diesem wundervollen Artikel:
Was der Krieg aus Kindern macht
An Frieden erinnern sie sich nicht
Rund 5,5 Millionen Kinder sind vom Syrienkonflikt betroffen. Im Flüchtlingslager sind sie in Sicherheit. Dennoch sprechen Hilfsorganisationen von einer “verlorenen Generation”.
Von Anna Osius, ARD-Hörfunkstudio Kairo
Mohammed weint lautlos. Er hockt auf der Schulbank neben seinen Klassenkameraden, hat sich die Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen, es tropft auf das Mathebuch vor ihm. Die Lehrerin hat ihn gefragt, woran er sich erinnert, wenn er an Syrien denkt. Mohammed hat keine Antwort gegeben. Er konnte es nicht aussprechen. Die Lehrerin versucht zu trösten, auch wenn sie nicht weiß, was sie sagen soll. Sie kennt das. Es passiert jeden Tag.
Ein geregelter Unterricht ist kaum möglich
Banknachbar Hamad meldet sich schnell. “Wenn ich an Syrien denke, sehe ich immer nur die Bomben vor mir, höre die Schüsse”, erzählt er. “Ich erinnere mich an nichts Schönes mehr, der Krieg und Assad hat alles überlagert.” Auch ihm stockt die Stimme. Es ist totenstill in der großen Klasse mit über 40 Jungs. Die Kinder starren zu Boden. In ihren Köpfen ist der Krieg immer noch da.
“Wir saßen gerade beim Frühstück, als unser Haus wackelte”, erzählt Samir. “Die Fenster sind alle zersplittert. Wir sind nach draußen gerannt um zu sehen, wen die Bombe getroffen hat. Es waren unsere Freunde von nebenan. Von da an hatte ich keinen mehr zum spielen.”
An Frieden können sich diese Kinder nicht mehr erinnern. Stundenlang sind sie mit ihren Eltern gelaufen, um das Flüchtlingslager zu erreichen, es über die Grenze nach Jordanien zu schaffen. Das ist jetzt ihr Zuhause – ein Leben im Zelt oder Container, ein Raum für bis zu zehn Personen. “Die kleinen Kinder weinen immer, wenn sie Flugzeuge hören”, erzählen die Eltern. Gelebt wird draußen, auch wenn der Wüstensand gerade durchs Lager fegt oder es im Winter richtig kalt wird. Der einzige Zufluchtsort ist die Schule.
Da ist gerade die große Pause vorbei. Eine Glocke in der Hand des Direktors ersetzt die Klingel. Die Klassenräume sind Container, die nebeneinander gruppiert wurden, als Schulhof dient ein sandiger Platz in der Mitte. Es ist eine von zwei provisorischen Schulen, die am Rand des Flüchtlingslagers errichtet wurden.
Warum gibt es Krieg?
Die kleinen Kinder haben jetzt Englischunterricht. Aber selten schafft der Lehrer, dass sich die Schüler wirklich konzentrieren. “Sie sind traumatisiert”, berichtet er. “Sie fragen immer, warum muss es einen Krieg geben. Sie sind aggressiv, schlagen ohne Grund, randalieren. Oder sie sitzen einfach nur apathisch herum. Mehr als 60 Prozent der Kinder hier sind so.”
“Mit einfachen Übungen wie Malen oder Sport versuchen wir, dass die Kinder hier das Erlebte verdrängen können”, sagt Unicef-Mitarbeiter Tobi Fricker. “Viele Kinder waren zwei oder mehr Jahre nicht in der Schule. Diese Kinder sollen zumindest ein Minimum an Bildung erhalten, damit sie im Leben zurechtkommen.”
Hilfsorganisationen sprechen schon lange von einer verlorenen Generation, die hier heranwächst. Zwei Drittel der 100.000 Menschen im Flüchtlingslager sind Kinder – jeden Monat kommen 100 Babys dazu.
Zur Schule geht nur ein Bruchteil der Kinder. Die meisten müssen arbeiten, mit kleinen Jobs die Familie ernähren. Und manche Eltern haben Angst, ihr Kind quer durch das riesige Lager zur Schule zu schicken. Es sind Zehntausende, die durch den Syrienkrieg niemals eine Schule besuchen werden. “Wir schicken Schüler von Zelt zu Zelt, um Werbung für unsere Schule zu machen”, erklärt Unicef-Mitarbeiter Fricker. “Wir sind die Zukunft Syriens”, sagen die Schüler den Eltern. “Deshalb müssen wir etwas lernen.” So schaffen sie es ganz langsam, die Eltern zu überzeugen.
Manche wagen es, zu träumen
Die meisten Kinder aber jagen den ganzen Tag mit Schubkarren durch das Lager. Sie transportieren Steine, Hausrat, Zement – ein keiner Zuverdienst. Und manchmal, wenn keiner guckt, schieben sie sich gegenseitig. Dann stellen sie sich vor, sie wären ein Rennfahrer – und stolpern über den holprigen Wüstenboden. Und plötzlich sind sie wieder Kinder mit großen Plänen und Träumen.
Auch in der Schulklasse gibt es solche Momente. “Pilot will ich werden”, ruft der eine, “Astronaut, Feuerwehrmann, Doktor.” Da hebt auch Mohammed wieder den Kopf. “Architekt”, flüstert er, und schiebt sich die Schirmmütze von den verweinten Augen. “Ich will Architekt werden. Und dann baue ich Syrien wieder auf.”
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