OLA LIVRO – ProMosaik e.V. im Gespräch mit Filipe da Silva

von Milena Rampoldi, ProMosaik e.V.  
Anbei unser Interview mit Filipe da Silva, dem Initiator des Literaturprojektes “inszenierte Lesung” in Berlin. Wir haben ihn über die Zielsetzungen seines Projektes befragt, um aufzuzeigen, wie wichtig Schnittstellen sind. Wie im Projekt Cara von ProMosaik geht es auch hier um Schnittstellen zur Literatur, in diesem Fall zwischen Literatur, Musik und Theater. Dies fördert interkulturelle Wahrnehmung und bikulturelles Lernen. Die eigenen Gefühle kann man nur in der Muttersprache ausdrücken.

Weitere Informationen finden Sie unter www.ola-livro.de.
  

 
Milena Rampoldi: Was versteht man unter der theatralischen Inszenierung einer Geschichte und warum ist diese so wichtig?

 

Filipe da Silva: Mir wäre es lieber, den Begriff „inszenierte Lesung“ zu verwenden, worunter ich die Kombination von im Theater verwendeten Techniken mit der Präsentation eines Buches verstehe, d.h. die Umsetzung eines Textes durch das Schauspiel auf einer Bühne.

 

Die Funktion der inszenierten Lesung ist zum einen, eine Interpretation des Buches vorzustellen und auf der andere Seite Familien, Erziehern und Lehrern alternative pädagogische und spielerische Methoden anzubieten, wodurch das Lesen auf portugiesisch für Kinder attraktiver gestaltet werden kann.

 

MR: Welche sind die Hauptziele Ihres Projektes?

 

FdS: Die Ziele dieses Projektes sind,  die sprachlichen und kulturellen Beziehungen von Kindern, die in Deutschland leben oder geboren sind, zu stärken, das Lernen der portugiesischen Sprache zu fördern, die kulturelle Identität zu stärken sowie aktuelle Autoren und Kinderliteratur vorzustellen.

 

Es gibt zahlreiche sehr talentierte portugiesisch-sprechende Schriftsteller und Illustratoren, die aber nicht in Ausland und nicht unter der dort lebenden portugiesischen sprechenden Gemeinschaft bekannt sind. Daher möchten wir mit unserem Projekt von inszenierten Lesungen aktuelle Kinderliteratur und Kinderbuchautoren der portugiesischen Sprache präsentieren.
MR: Für mich ist Literatur ein Dialog mit dem Autor, dem Buch, der Welt und der Kultur des Autors. Wie sehen Sie das?

 

FdS: Dem stimme ich auf jeden Fall zu. Es gibt Autoren und Bücher, die unsere Weltanschauung beeinflussen und unsere Wahrnehmung der Realität für immer prägen. Ich würde nur hinzufügen, dass sie auch zum Lernen einer Sprache und zum Verständnis einer Kultur, bzw. der kulturellen Identität viel beitragen können.

MR: Wie wichtig ist der interkulturelle Dialog über die Literatur und wie trifft das auf die Kinderliteratur zu?
  

FdS: Kulturelle Vielfalt ist in unserer Gesellschaft ein Bestandteil und meiner Meinung nach eine Voraussetzung für Toleranz und gegenseitiges Verständnis zwischen Individuen. Der interkulturelle Dialog verbindet Menschen mit unterschiedlichen kulturellen, sozialen und religiösen Hintergründen und wirkt sich dadurch positiv auf die Menschen aus, indem er die Kommunikation zwischen Individuen erleichtert und Konflikte gewaltlos gelöst werden können.

 

MR: Warum sind zweisprachige Bücher für Kinder, die zwischen zwei Kulturen leben, so wichtig? Was können Sie daraus lernen?

 

FdS: Als mein erstes Kind geboren ist, wurde mir sofort klar, dass ich nur in meiner Muttersprache meine Gefühle und Gedanken vollständig ausdrücken konnte. Schnell habe ich auch verstanden, dass Kinderbücher (neben der Musik, die für mich in der zweisprachigen Erziehung ebenfalls eine wichtige Rolle spielt) ein Vehikel und Ergänzung sind, um dieses Ziel zu erreichen. Durch das Vorlesen auf Portugiesisch bringe ich meinen Kindern nicht nur meine Muttersprache bei, sondern es hilft uns, uns und, da sie in Deutschland geboren sind, auch unsere unterschiedlichen Kulturen, gegenseitig besser zu verstehen.

 

MR: Wie trägt Literatur, die uns ein Leben lang begleitet, zum Dialog zwischen Kulturen und Religionen und schließlich zum Frieden und zur Toleranz bei?

 

FdS: Literatur verkleinert die Entfernung zwischen Kulturen und auch Religionen. In einer Welt, in der Migration zunimmt und sich kulturelle Identitäten mischen, kann Literatur dazu dienen, Konflikte zwischen Kulturen zu vermitteln. Im Gegensatz zum Ansatz des amerikanischen Politikwissenschaftlers Samuel Huntingtons, der einen Krieg zwischen Zivilisationen vorhergesehen hat, glaube ich eher, dass zunehmende Interdependenz zwischen Zivilisationen zu friedlichen Konfliktlösungen, Beziehungen, Kooperation, Frieden und Toleranz führt.
 
Anbei zwei Rezensionen von Kinderbüchern: 
 
„Era uma vez um cão“ (Es war einmal ein Hund):  
Kinderbuch von Adélia Carvalho (Autorin) und João Vaz de Carvalho (Illustrator), Tcharan (2012), gebunden, 16 Seiten. Das Buch fängt mit einem Kind an, das seinen Vater immer wieder fragt, ob er die Geschichte von einem Hund erzählen könnte. Der Vater kennt aber keine Geschichten von Hunden. Also schlägt er Geschichte vor, indem anderen Tieren, wie Löwen, Schweine, Hühner, Elefanten oder Esels vorkommen. Am Ende beginnt der Vater aus allen Geschichten, ein selbst erfundene Geschichte zu erzählen, deren Protagonist ein Hund ist. Damit erhält das Buch ein Sinn, die Geschichte eines Hundes. Für das Kind endet die Geschichte wie er sich wünschte und für den Erzähler hat sie ein schönes Ende.

 

 

„A Floresta Perlimpimpim“ (Der Wald Perlimpimpim):

  

Kinderbuch von Teresa Guimarães (Autorin) und Anabela Dias (Illustratorin), Trinta por uma linha (2008), 2. Auflage, gebunden, 36 Seiten.

 

Das Buch erzählt die Geschichte eines Zauberwalds, in denen Tiere harmonisch miteinander leben und lernen, sich gegen ihre größten Feinde zu verteidigen, die Jäger.

 

http://promosaik.blogspot.com.tr/2016/03/ola-livro-promosaik-ev-im-gesprach-mit.html