Ein neuer Artikel von Hassan Mohsen zum Thema Takfir und Rechtsschulismus
Liebe Leserinnen und Leser,
im folgenden Artikel von Hassan Mohsen geht es um die neue rassistische Mode in der muslimischen Gemeinde, die natürlich vollkommen dem Universalismus des islamischen Glaubens und Denkens widerspricht.
Der Autor beschreibt das Phänomen des Rassismus und seine verschiedenen Äußerungsformen, vom Zionismus bis zu den Neonazis. Ob nun genetischer oder kultureller Rassismus: es ist einfach verwerflich, dass solche Formen der Diskriminierung in einer egalitären Religion wie der des Islam noch Platz finden. Daher möchte ich als Redakteurin von ProMosaik e.V. das wichtige Motto anführen, das der Autor am Ende seines Artikels anführt, und zwar:
Denn Rassismus ist eine Geisteshaltung, die im Islam und auch außerhalb des Islam wirklich nichts zu suchen hat. Alle Menschen haben das Recht auf eine gleichwertige Behandlung und auf eine gleichwertige Wertschätzung innerhalb und außerhalb der Ummah.
ProMosaik e.V. spricht sich für den Schutz der Minderheiten innerhalb und außerhalb des Islam aus, da Diskriminierung und Rassismus die Menschenwürde beleidigen und den Menschen in seinem universellen Wert verneinen.
Wir freuen uns auf Zuschriften zum Thema.
Dankend
Dr. phil. Milena Rampoldi
Redaktion von ProMosaik e.V.
ESSAY zum Takfir und Rechtsschulismus
von Hassan Mohsen
Unter Muslimen ist es heutzutage in Mode gekommen Muslime anderer Rechtsschulen als unvollkommen im Glauben zu betrachten. Dieser Trend ist meiner Meinung nach ein Trend in die falsche Richtung. Während sich Muslime im Westen, um die Vielfalt der Religionen (oder Kulturen) bemühen, wäre es nicht richtig die Vielfalt der eigenen Religion zu missachten. Dieser Essay möchte diesen Missstand beim Namen nennen, oder eher einen Namen für diesen falschen Trend vorschlagen.
Zunächst werden einige Begriffe vorgestellt, um schließlich zur eigentlichen Begriffsschöpfung zu kommen. Rassismus: Von Rassismus spricht man, wenn bestimmte Merkmale von Menschen, wie zum Beispiel Hautfarbe oder Herkunft, mit bestimmten Eigenschaften gekoppelt werden. Man schließt also von der Hautfarbe oder Herkunft auf die geistige oder kriminelle Ader, und benutzt diese Konstruktion zur Bewertung. Rassismus liegt also vor, wenn bestimmte körperliche Merkmale oder Eigenschaften qualitativ bewertet werden, oder wenn gelerntes Verhalten oder Intelligenz als angeboren unterstellt werden.
Diese Art des Rassismus wird als genetischer Rassismus bezeichnet. Die Grundlage für die Haltung der Ausschliessung alles Fremden folgt beim sogenannten genetischen Rassismus einer bestimmten Logik. Die äußeren körperlichen Ungleichheiten von Menschen werden beim genetischen Rassismus zu angeborenen Wesensunterschieden erklärt, und werden weder toleriert, noch gelten sie als veränderbar. Sie werden immer als etwas Negatives, von der Norm Abweichendes, als etwas Abartiges angesehen.
Neben dem genetischen Rassismus gibt es auch den sogenannten kulturellen Rassismus. Vom kulturellen Rassismus spricht man, wenn bestimmte Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuche anderer als negativ abweichend deklariert werden. Im Gegensatz zum genetischen Rassismus werden die Wesensunterschiede im kulturellen Rassismus nicht als unveränderbar angesehen. Beim kulturellen Rassismus werden Wesensunterschiede überwunden, wenn Person A, die der Kultur B angehört, die Kultur C annimmt. Kultur C ist hier die Kultur des kulturellen Rassisten.
Im Gegensatz zu den Zionisten, äußert sich der Rassismus der heutigen Neonazis meist nicht mehr in Form von Rassenunterschieden. Er geht darüber hinaus. Es geht um die Trennung aller sogenannter Ethnien. Den Rassismus heutiger Neonazis könnte man vielleicht als Ethnozismus bezeichnen. So durchzieht sich die von den Neonazis behauptete Ungleichheit der Menschen, die nach ihrem rassistischen Konzept gleichbedeutend mit einer Ungleichwertigkeit der Menschen ist, mehr oder minder verdeckt die gesamte ideologische Ansprache der heutigen Neonazis.
Die Ablehnung von Fremden, unabhängig davon welcher Couleur, bezeichnet das Gefühl der Überlegenheit der eigenen ‘Art’ (Religion, Kultur, Ethnie,…etc.) gegenüber Anderen. Mit diesem Gefühl der Überlegenheit der eigenen ‘Art’ wird die Diskriminierung der Anderen gerechtfertigt. Ungleichwertigkeit zwischen den Gruppen wird behauptet, und Diskriminierungen gerechtfertigt. Die Behauptungen, worauf das Ungleichverhältnis beruht, sind unterschiedlich: Der Ethnozismus geht von der Überlegenheit der eigenen Kultur aus.
Der Rassismus darüber hinaus, von der angeblichen Überlegenheit der eigenen Rasse. Aber bei beiden ist nicht die Wahrnehmung eines Unterschiedes entscheidend, sondern der Gebrauch des Unterschieds zum eigenen Vorteil und gegen das Opfer. Die angeblichen biologischen Merkmale des anderen werden negativ gesehen. Der Rassist rechnet sich selbst zur guten Welt und seine Opfer zur Welt des Bösen. In der Präambel der UNESCO, Artikel 2 (1), heißt es:
„Jede Theorie, welche die Behauptung enthält, dass bestimmte “Rassen” oder Volksgruppen von Natur aus anderen überlegen oder unterlegen sind, und somit impliziert, dass einige das Recht hätten, andere als unterlegen angesehene zu beherrschen oder zu beseitigen, oder welche Werturteile auf Rassenunterschiede gründet, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage und widerspricht den moralischen und ethischen Grundsätzen der Menschheit.“
Das Gefühl der Überlegenheit gegenüber Menschen anderer Ansichten, anderer Religion oder Herkunft führt zur Diskriminierung. Diskriminierung liegt vor wenn der Andere als ein Vertreter einer gehassten Gruppe betrachtet, als ungleichwertiger Menschen abgelehnt und ihm negative Eigenschaften zugeschrieben werden. Diskriminierung definiert bereits die Zuordnung von Menschen zu unterschiedlichen Kategorien. Die Zuordnung einer Person in eine Kategorie, die stets mit bestimmten Eigenschaften verbunden ist, beschränkt ihre Freiheit, sich selbst zu definieren. Diskriminierung beinhaltet eine benachteiligte Behandlung von Personen aufgrund von Eigenschaften, die der diskriminierten Person von der diskriminierenden zugesprochen werden.
Soviel zu den verschiedenen Rassismen. Diese Begriffe sind auch für Muslime immer noch präsent. So hat der Islam Rassismus, ob genetisch oder kulturell, bekämpft, dennoch kommt es auch unter Muslimen zu Rassismen, u.a. bedingt durch einen radikalen Nationalstolz. Und obwohl es gewisse Rassismen unter Muslimen gibt, werden diese Rassismen gesellschaftlich abgelehnt. Doch eine Art von Rassismus und Diskriminierung gilt bei vielen Muslimen immer noch als islamisch: der Rechtsschulismus.
Von Rechtsschulismus spricht man wenn bestimmte Handlungen von Muslimen anderer Rechtsschulen wie zum Beispiel eine bestimmte Haltung im Gebet mit bestimmten negativen Eigenschaften gekoppelt werden. Also wenn eine bestimmte Haltung im Gebet auf die Zugehörigkeit zum Islam (oder Nichtzugehörigkeit) geschlossen wird, und wenn diese Konstruktion zur Bewertung wird. Ein Rechtsschulist ist also jemand, der bestimmte islamische Ansichten qualitativ bewertet. Ein Rechtsschulist macht Glaube und Unglaube von der Rechtsschule abhängig. Für einen Rechtsschulisten ist sein Gefühl der Überlegenheit abhängig von der Zugehörigkeit zu der Rechtsschule. Dass Rechtsschulismus islamisch unkorrekt ist, versteht sich wohl also von selbst. Deshalb: Gib Rechtsschulismus keine Chance!
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